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Tagesimpuls am 07.03.2022

Wanderer
Datum:
Veröffentlicht: 7.3.22
Von:
Ralph Olbrich

Kehrt um!

Jetzt im Frühling geht es, wie man hierzulande gerne sagt, wieder „nauswärts“. Mit dem Einzug des Frühlings geht für mich auch die Zeit der Wanderungen wieder los… zwischen der Planung erster Touren und den Gedanken, die ich mir für die Fastenimpulse mache, bin ich in den letzten Tagen immer wieder beim Begriff der „Umkehr“ hängengeblieben. Die Fastenzeit als Vorbereitungszeit auf Ostern – als Zeit der Umkehr? Umkehr beim Wandern heißt ja: Wir kehren um, wenn wir ein Ziel nicht erreichen, wenn wir wissen, dass wir uns einen zu langen Weg vorgenommen haben, ein unrealistisches Tages- oder Etappenziel. Umkehren steht hier für aufgeben, resignieren, versagen… Mit Blick auf die Vorbereitung auf Ostern als Zeit der Umkehr ist aufgeben hier aber keine Option! Vielmehr laufen wir ja schnurstracks auf das Osterfest zu… eine Umkehr in dem gerade geschilderten Sinne würde das ganze ja nur verzögern, Ostern mit seiner erlösenden Kraft wäre schier unerreichbar für uns… schauen wir mal genauer auf unsere Umkehr, wenn wir in der Natur unterwegs sind: wenn wir auf einer Wanderung umkehren, dann führt uns der Weg nicht automatisch zum Auto oder zum Bahnhof zurück. Manchmal gehen wir zur letzten oder vorletzten Abzweigung zurück, schauen dabei auf der Karte, den Wegweisern oder unserer Wander-App nach, wo wir uns genau verirrt haben. Überlegen, wann wir unser Ziel aus dem Blick verloren haben. Weil wir gerade gedankenlos waren, in eine Unterhaltung vertieft waren oder uns einfach auf breite Wege verlassen haben anstatt darauf zu achten, dass einmal ein Schild in den reizvolleren kleinen Pfad gezeigt hat… da erkenne ich jetzt doch einen Zusammenhang der Fastenzeit als Zeit der Umkehr: dass sie eine Zeit ist, in der ich mal meinen bisherigen Weg überprüfe, nachschaue, ob ich noch auf dem richtigen Weg unterwegs bin oder eine Abzweigung verpasst habe; ob ich mich nicht lieber doch nochmal umdrehe, ein paar hundert Meter zurückgehe und wieder auf den richtigen Weg gehe anstatt unbeirrt weiterzustapfen, in der Hoffnung, dass ich, wenn ich mich querfeldein, durch dorniges Gestrüpp, Unterholz mit Stolperfallen oder einen schlammigen Graben kämpfe, wieder auf den Hauptweg komme, wobei ich mich wahrscheinlich komplett verirre. Da wäre ich wahrscheinlich schneller, wenn ich in den sauren Apfel beiß und einfach nochmal umkehre. In diesem Sinne ist die Umkehr eine Neuausrichtung meiner persönlichen Kompassnadel, die Chance, einen neuen und genaueren Blick auf die Wanderkarte meines Lebens zu werfen und gegebenenfalls zurück zur letzten Abzweigung zu gehen, wo etwas schiefgelaufen ist, um wieder in die Spur zu kommen. Jeder Wanderer weiß, dass sich dafür niemand schämen muss… die Freunde, mit denen ich unterwegs bin, haben mal gesagt, dass ihnen etwas fehlen würde, wenn ich den Weg einmal komplett richtig geplant hätte, und wir nicht einmal hätten umkehren müssen… kurz gesagt: die Umkehr gehört bei unseren Touren schon automatisch dazu.