Tagesimpuls am 1.12.2021

Und wieder ist Dezember mitten im Advent

Von Marlis Gielen, Professorin für Neutestamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Salzburg, stammt der Ausspruch: „Die Weihnachtskerzen werden am Osterfeuer entzündet!“ Das ist eine merkwürdige Behauptung, aber nicht unberechtigt, wie die Spurensuche in der Bibel zeigt. Als die ersten Christen ihre Erinnerungen an Jesus zusammentrugen, war von „Weihnachten“ keine Rede. Sie erzählten die Geschichte von Leiden, Tod und Auferweckung Jesu weiter. So kennt der Evangelist Markus gar kein „Weihnachten“. Jesus tritt bei ihm als erwachsener Mann auf. Für Markus ist nicht sein „Woher“ interessant, sondern einzig seine Botschaft vom nahen Reich Gottes.

Seit Jahrhunderten wurde dieses Kind von den Propheten verheißen und als es zur Welt kam, kam es unpassend - ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als die römische Volkszählung für regen Reiseverkehr sorgte, wie es in der Weihnachtsgeschichte bei Lukas steht. Und so unpassend - in einer ärmlichen Unterkunft, einem Stall bei Ochs, Esel und Schafen.

Wenn Gott gewartet hätte, bis die Menschen wirklich auf sein Kommen vorbereitet sind, um ihn „mit wachem Herzen gläubig zu erwarten", wie es in einem Tagesgebet des Messbuchs zur Adventszeit heißt, dann würde er heute noch warten müssen, so wie die bayerische Staatsregierung auf die göttlichen Ratschläge, die der Engel Aloisius überbringen sollte.

Deshalb ist es gut, dass Gott ganz anders reagiert. Er kommt einfach wie ein lieber Besuch und klingelt an der Tür, auch wenn ich gerade nicht darauf eingestellt bin. Ich kann Euch nicht sagen, wann und in welcher Gestalt er an Eurer Tür steht, aber ich hoffe, Ihr erkennt ihn, wenn es so weit ist. Darauf kommt es Weihnachten und überhaupt an. Gott meint es gut, nur die Menschen halten die Termine oft für unpassend. Zum Glück ist auch heuer wieder Weihnachten genau am 25. - unabhängig davon, ob es jemandem passt oder nicht.