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Tagesimpuls am 15.12.2021

Regen
Datum:
Veröffentlicht: 15.12.21
Von:
Ralph Olbrich

"Tauet, ihr Himmel, von oben!"

Wer heute die Möglichkeit hat, einen Gottesdienst zu besuchen, der wird eine ganz prominente adventliche Lesung hören: Jesaja 45,8: „Taut, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen! Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor, sie lasse Gerechtigkeit sprießen. Ich, der Herr, will es vollbringen.“ Viele bekannte Adventslieder, zum Beispiel „Tauet Himmel, den Gerechten“ oder „O Heiland reiß den Himmel auf“, vertonen sehr eindrücklich diese Textstelle. Zumindest teilweise. Denn der Text wird eingeleitet mit dem Satz: „Ich bin der Herr und sonst niemand!“ Es ist also Gott, der diesen Satz ausspricht, dass es regnen soll… und zwar nicht den Gerechten sondern die Gerechtigkeit… wir haben es hier also nicht zuerst mit einem Hilfe- und Klageruf verzweifelter Menschen zu tun – vielmehr sagt uns Gott durch den Propheten Jesaja ganz direkt zu, dass er es ist, der für die Gerechtigkeit sorgen wird: „Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor, sie lasse Gerechtigkeit sprießen. Ich, der Herr, will es vollbringen.“ Der Theologe Rolf Zerfaß bringt es auf den Punkt: „Was also die Seele des Advents ausmacht,“, so sagt es Rolf Zerfaß, „das ist eine tiefe, leidenschaftliche Sehnsucht, die uns mit Gott verbindet, die Sehnsucht nach einer Welt, in der Menschen in Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit, Frieden und Freiheit leben können. Es ist die Sehnsucht nach der Welt, wie Gott sie gewollt hat, als er „am Anfang“ Himmel und Erde schuf.“ Gott weiß also, dass diese Welt noch nicht vollkommen ist – die Menschen wurden von ihm mit einem freien Willen ausgestattet, sind keine göttlichen Marionetten. Sie können sich für das Gute und Böse entscheiden. Ja, es geht sogar so weit, dass sie sich dank ihres freien Willens sogar für oder gegen Gott, ihren Schöpfer, entscheiden können. Umso besser, dass Gott kein nachtragender, sondern ein solidarischer Gott ist. Er versichert uns immer wieder neu, wie sehr er auf unserer Seite steht. Im Geschehen des Weihnachtsfestes treibt er es auf die Spitze, indem er seinen hohen Thron verlässt und sich SO mit den Menschen solidarisch erklärt, dass er, wie sie, lebt, liebt und leidet. Hier tritt er den lebendigen, fleischgewordenen Beweis seiner Zusage an, die er Jesaja in den Mund legt und Gerechtigkeit sozusagen zur „Chefsache“ erklärt, wenn er der Sehnsucht der Menschen nach Gerechtigkeit antowrtet: „Ich, der Herr, will es vollbringen.“