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Tagesimpuls am 23.12.2021

Stern
Datum:
Veröffentlicht: 23.12.21
Von:
Dr. Alfred Beyer

Wie nahe ist der Herr?

Wie nahe ist der Herr?

Die erste Generation von Christen war fest davon überzeugt, dass Jesus noch zu ihren Lebzeiten wiederkommt, und es kam zu einer ernsthaften Krise, als dieses Wiederkommen nicht eintrat (siehe 2 Petr 3,9-10). In den vergangenen zweitausend Jahren kam es immer wieder zu Phasen, in denen das baldige Ende der Welt erwartet wurde. Sie entstanden aus einer Mischung von Sehnsucht (dass der Herr endlich kommt) und Angst (vor dem fälligen Gericht). Weil jedoch nichts dergleichen geschah, wurde aus der „Naherwartung“ die „Parusieverzögerung“. Darunter versteht man das vorläufige Ausbleiben des Weltendes.

Selig der- oder diejenigen, welche es heutzutage schaffen, unbeirrbar auszuharren auf die reale Wiederkunft! Sie dürfen sich glücklich schätzen, denn sie können sagen: „Mit jedem Tag meines Lebens, der vergeht, rückt mir die Wiederkunft Jesu ein Stück näher! Mit jedem Tag ist mir seine Wiederkunft näher als all meinen Vorfahren!“ Doch was gibt jenen Christen Halt, die Zweifel plagen, weil Gott die Menschen schon über 2000 Jahre im Ungewissen lässt?

Außer für gewisse Sekten, die es unbedingt genau wissen wollten, war die Verzögerung des Weltendes nie ein ernsthaftes Problem innerhalb der Kirche. Denn, so erklärte man, es sei fraglich, ob Jesus wirklich das nahe Weltende angekündigt habe. Wenn er vom Anbruch des Reiches Gottes sprach und wenn Christen bis heute im Vaterunser um das Kommen des Reiches bitten, dann war und ist nicht der Weltuntergang gemeint, sondern die Ausbreitung der Gottesherrschaft. Diese Ausbreitung schreitet dann voran, wenn all jene, die sich zu Christus bekennen, seine Gebote beachten.

Nüchtern betrachtet bedeutet das jedoch: Es geht zäh voran und manchmal gar nicht. Der Herr mag nahe sein, aber da sein wird er - wenn ich auf das heutige Weltgeschehen blicke - wahrscheinlich noch lange nicht.