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Tagesimpuls am 06. März 2021

Vater und Kind
Datum:
Veröffentlicht: 6.3.21
Von:
Stefanie Baier
„In der Katholischen Kirche geht’s doch immer nur um die Sünde“ – so lautet einer von vielen Kritikpunkten, die gerne von außen an die Kirche herangetragen werden.

„In der Katholischen Kirche geht’s doch immer nur um die Sünde“

– so lautet einer von vielen Kritikpunkten, die gerne von außen an die Kirche herangetragen werden. Nun ja, es ist tatsächlich so, dass Sünde eine große Rolle im kirchlichen Leben spielt – das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Denn der Begriff der Sünde ist immer im Zusammenspiel mit dem Begriff der Vergebung zu sehen und zu verstehen. Insofern müsste der Satz richtig lauten: „In der Katholischen Kirche geht’s doch immer nur um die Sündenvergebung“.

Und damit stehen wir ganz direkt und eng am Menschenbild Jesu. Vergebung ist ein zentraler Inhalt seiner Botschaft. So sind z. B. die Berichte von seinen Wunderheilungen sind in erster Linie Geschichten der Sündenvergebung. In ihnen stehen immer Sätze wie „Ich will es, werde rein“, „Dein Glaube hat dir geholfen“ oder „deine Sünden sind dir vergeben“: Dazu muss man wissen: Krankheiten und Behinderungen waren im Verständnis der Zeitgenossen Jesu Strafen Gottes für Sünden. Jesus hat damit aufgeräumt. Und das war das eigentliche Wunder: er hat den Menschen mitgeteilt, dass Gott ein liebender Vater ist, keiner, der bestraft. Und ein liebender Vater, das wissen die Väter, ärgert sich zwar manchmal über das Fehlverhalten seiner Kinder, aber er wird seine Kinder nicht verstoßen und ihnen immer verzeihen.

Ganz deutlich wird das zum Beispiel im Gleichnis vom Barmherzigen Vater, das heute in den Gottesdiensten verkündet wird: Gott freut sich über jeden, der zu ihm umkehrt. Der Vater in dem Gleichnis mit den Söhnen veranstaltet aus dieser Freude heraus gleich ein riesengroßes Fest für den Jüngeren, der sein Erbteil verprasst hat und reumütig zurückkehrt. Eine Feier, ein Fest als Zeichen der Vergebung und Versöhnung – das findet sich wieder in der eigentlich korrekten Bezeichnung für den landläufig bekannten Begriff „Beichte“: man spricht heute von einer Feier der Versöhnung.

Das Sakrament der Versöhnung als Feier der Vergebung verstanden, möchte Menschen helfen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen, möchte eine Hilfestellung bieten, die einen gelasseneren Umgang miteinander ebenso wie einen Neuanfang in menschlichen Beziehungen ermöglicht und uns hilft, mit uns selbst und unseren Mitmenschen ins Reine zu kommen. Nicht die Rückschau auf Fehler und das Weiden in Schuldhaftigkeit, sondern der Ausblick auf den Neuanfang und die Vergebung sollten immer am Ende einer Auseinandersetzung mit „Sünde und Schuld“ stehen. Wenn uns das gelingt zu vermitteln, dann sagen die Menschen vielleicht eines Tages tatsächlich: „In der Katholischen Kirche geht es doch immer nur um Vergebung“.

Ralph Olbrich, Diplom-Theologe