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Tagesimpuls am 10.März 2022

Barmherzigkeit
Datum:
Veröffentlicht: 10.3.22
Von:
Albert Müller

Verzichten... worauf?

Sicher haben wir schon ein paar Mal gehört oder gelesen, dass in der Fastenzeit Verzicht geübt wird. Viele von uns müssen es tatsächlich „üben“, weil wir ja eigentlich das allermeiste haben, was wir zum Leben brauchen. Warum also darauf verzichten? Andere haben keine Wahl, sie müssen auf etwas verzichten, weil sie es sich nicht leisten können, weil etwas nicht mehr zu haben ist – wir erinnern uns vielleicht an leere Regale während der ersten Corona-Welle.

Fastenzeit nur unter dem Stichwort „Verzicht“ zu sehen, greift meiner Meinung nach sowieso zu kurz! Wir müssten uns dann schon fragen: verzichten worauf oder wozu, welchen Zweck soll ein freiwilliger Verzicht haben? Sinnvoll wird der Verzicht z. B. dann, wenn ich das Ersparte für einen guten Zweck spende, wenn ich anderen zum Leben verhelfe.

Im Scherz haben wir manchmal ein Wortspiel gemacht und gesagt: „man muss auf ein Opfer auch mal verzichten können!“ Auf ein Opfer verzichten…? Es liegt wohl etwas Wahrheit im Scherz: wenn ich mir krampfhaft etwas abverlange, wenn ich nur noch davon in Anspruch genommen bin, meinen Fastenvorsatz zu halten, und damit am Leben vorbei lebe, nützt ein Opfer oder mein Verzicht keinem etwas!

Ich verstehe die Fastenzeit auch als Einladung, dem Leben neu auf die Spur zu kommen, auszukosten, was mein Leben wirklich bereichert, wieder neu Dankbarkeit zu lernen, dass ich bin und sein darf, wie ich bin! Jesus sagte einmal: „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!“ (Mt 9,13) Und im Tagesevangelium (Mt 7,7-12) legt er uns die „Goldene Regel“ ans Herz: „Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen!“ (Mt 7,11) Hier ist von keinem Verzicht die Rede sondern von einem aktiven, vorauseilendem Tun meinerseits!

„Man muss auf ein Opfer auch mal verzichten können!“ Das Leben ist manchmal hart genug zu uns, dass wir zumindest ab und zu mal an uns selbst denken sollten!

Albert Müller