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Tagesimpuls am 31. März 2021

31.03.2021
Datum:
Veröffentlicht: 31.3.21
Von:
Stefanie Baier
Bin ich es etwa, Rabbi? - Zum heutigen Evangelium Mt 26, 14 - 25

Bin ich es etwa, Rabbi? - Zum heutigen Evangelium Mt 26, 14 - 25

In volkstümlichen Bühnenstücken und Passionsdarstellungen wird Judas oft sehr unsympatisch gezeichnet: hinterlistig, treulos, habgierig. Stimmt diese Charakterisierung? Wahrscheinlich war Judas von Jesus zunächst voll begeistert, denn immerhin hat dieser ihn in seinen engsten Kreis berufen. Möglicherweise veränderte sich seine Einstellung zu ihm, als er merkte, dass dieser kein Messias mit einem politischen Befreiungsprogramm war. Glaubte Judas vielleicht, im Interesse seines Volkes zu handeln, wenn er der „Karriere“ Jesu ein Ende setzt, und wurde deshalb zum Verräter? Oder war er gar Jesu Komplize, wie der Literaturhistoriker Walter Jens behauptet: „Ohne Judas kein Kreuz, ohne das Kreuz keine Erfüllung des Heilsplans.“ Demnach wäre der Verrat auf den Befehl Gottes hin geschehen.

Die Evangelien geben nur zwei vage Hinweise auf die Beweggründe des Verrats. Nach Johannes hatte „der Teufel […] Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, ins Herz gegeben, ihn auszuliefern“ (Joh 13, 2), er gibt aber keine Erklärung, warum es so war. Über den Verrat sagt Jesus (nach Joh 13, 18): „Ich weiß wohl, welche ich erwählt habe, aber das Schriftwort muss sich erfüllen: Der mein Brot isst, hat seine Ferse gegen mich erhoben.“ (Bildsprache, gemeint ist: Der mein Brot isst, hat mich hintergangen; das Schriftwort ist Ps 41, 10). Jesus fühlt sich durch den Verrat eines Vertrauten gedemütigt, aber so, wie Gott Israel für immer zu seinem Volk erwählt hat, hat Jesus die Zwölf erwählt und kann Judas nicht aus dem Kreis entfernen (Joh 6, 70).

Der Evangelist Matthäus schildert die Reue des Judas und die Rückgabe des Verräterlohns (Mt 27, 3 - 4). Auch wenn ihn das nicht rehabilitiert, hat kein Mensch das Recht, sich zu dessen Richter aufschwingen.

Diakon Dr. Alfred Beyer