Weihbischof wird Erzbischof
Mit Herwig Gössl findet Papst Franziskus eine Bamberger Lösung
Bamberg. 13 Monate lang hat Herwig Gössl seit dem Rücktritt von Ludwig Schick als Diözesanadministrator das Erzbistum Bamberg geleitet. Als eine Art kommissarischer Geschäftsführer sorgte er geräuschlos und routiniert dafür, dass in der fränkischen Diözese in der Zeit des leeren Bischofsstuhl, der Sedisvakanz, alles seinen geordneten Gang weiterging. Nachdem Papst Franziskus den 56-Jährigen am Samstag zum neuen Erzbischof ernannt hat, kann er sein neues Amt ohne Einarbeitungszeit antreten.
Dankbar und freudig reagierten die Gläubigen im Erzbistum Bamberg, als die für viele überraschende Nachricht um 12 Uhr zeitgleich in Bamberg und Rom verbreitet wurde: Der Weihbischof wird Erzbischof. Die Geduld der Menschen war über ein Jahr lang auf die Probe gestellt worden, Rom hatte sich ungewöhnlich viel Zeit gelassen. Währenddessen war über viele andere mögliche Kandidaten spekuliert worden. Immer wieder fiel der Name des früheren Papst-Sekretärs Georg Gänswein, den Franziskus dann aber ohne Amt in seine Freiburger Heimat schickte. Gäbe es Wettbüros bei der Bischofsnachfolge: Der Passauer Oberhirte Stefan Oster wäre Top-Favorit gewesen, und auch der Würzburger Bischof Franz Jung wurde immer wieder genannt. Dass der eigene Weihbischof als Diözesanbischof aufrückt, ist in den vergangenen Monaten in der Weltkirche schon mehrmals vorgekommen, zuletzt in Madrid. Insofern ist die Bamberger Lösung für Insider nicht so überraschend, wie sie wirken könnte.
Herwig Gössl ist ein Eigengewächs der fränkischen Diözese. Er wurde 1967 in München geboren und wuchs in Nürnberg auf. 1986 trat er ins Bamberger Priesterseminar ein und wurde 1993 von Erzbischof Elmar Maria Kredel zum Priester geweiht. Nach vier Jahren als Kaplan in Bayreuth, St. Hedwig, wurde er im September 1997 zunächst zum Pfarradministrator und schließlich zum Pfarrer der Pfarreien Hannberg und Weisendorf im Dekanat Erlangen ernannt. 2007 berief ihn Erzbischof Ludwig Schick zum Subregens im Bamberger Priesterseminar; ein Jahr später wurde er als Subregens im Würzburger Priesterseminar bestätigt. Seither wirkte er als Bindeglied zwischen den beiden Diözesen, die in der Priesterausbildung eng zusammenarbeiteten. Gleichzeitig war Gössl für die Berufseinführung der Kapläne im Erzbistum Bamberg zuständig.
Seine Ernennung zum Weihbischof 2014 kam für ihn völlig überraschend und verursachte zunächst einen „großen Schreck“. Er wurde auch Bischofsvikar für die Caritas und Dompropst. Später übernahm er die Leitung des Seelsorgeamtes. Und auf die Frage, ob er einen weiteren Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie plane, betonte er stets, er wolle wie sein beliebter Vorgänger Werner Radspieler bis zum Ruhestand Weihbischof bleiben. Daraus wird nun nichts. Stattdessen wird er die rund 600.000 Katholiken des fränkischen Bistums durch die nächsten Jahre führen.
Ludwig Schick hatte sich einen Nachfolger gewünscht, der mindestens zehn Jahre im Amt bleiben kann. Gössl wird die Altersgrenze von 75 Jahren sogar erst in 19 Jahren erreichen und könnte damit fast so lange amtieren wie sein Vorgänger. Damit hätte er Zeit genug, um mit langem Atem notwendige Reformen in Angriff zu nehmen und zugleich das zu bewahren, was den Kern des katholischen Glaubens ausmache. Dass ihm eine herausfordernde Amtszeit bevorsteht, in der die Zahl der Katholiken und damit auch der finanzielle Spielraum und das zur Verfügung stehende Personal weiter sinken werden, ist ihm sehr bewusst.
Seine konservative Grundhaltung hatte er nach seiner Ernennung zum Weihbischof offen bekannt und auch seine skeptische Haltung zu manchen Forderungen des Synodalen Wegs nie verborgen. Als Bamberger Vertreter in der Synodalversammlung hatte er, wie er selbst bekannte, aber auch eine Entwicklung durchgemacht. Trotz vieler offener Fragen unterstützte er mit seiner Stimme viele Reformanträge des Synodalen Wegs und setzte während der Sedisvakanz das reformierte Arbeitsrecht im Erzbistum Bamberg vorläufig in Kraft. Ob es auch mal Priesterinnen in der katholischen Kirche geben werde, sei eine Frage, die er nicht zu beantworten vermöge. Er wisse nicht, was in 20 Jahren sei. „Wir wollen die kirchliche Lehre nicht in die Tonne treten, sondern weiterentwickeln“, sagte er mit Bezug auf das Thema Homosexualität. Und für Bischöfe forderte er mehr kontrollierende Mechanismen. Die Ämter von Priestern und Bischöfen dürften nicht dadurch spiritualisiert werden, dass ihr Handeln aufgrund der Weihe nicht mehr hinterfragt werde. Kirche sei keine Demokratie, aber auch keine Monarchie. „Wir sind als synodale Kirche noch auf dem Weg. Und wir sind noch nicht am Ziel“, sagte Gössl.
Nach der Verkündung seiner Ernennung im Dom am Samstag sagte Gössl, er habe sich nicht um das Amt beworben und nicht danach gedrängt. Aber er vertraue darauf, dass Jesus Christus seine Kirche führt und leitet. Er nehme das Amt daher an im Vertrauen darauf, dass der Herr im Weisheit und Geduld dafür gebe. Er sei dankbar, in Bamberg Bischof sein zu dürfen.
Jetzt braucht das Erzbistum Bamberg einen neuen Weihbischof. Doch zunächst steht der emeritierte Erzbischof Ludwig Schick weiter zur Unterstützung zur Verfügung. „Außer Dienst, zu Diensten“ lautet seit seinem Amtsverzicht sein Motto, mit dem er weiterhin Gottesdienste feiert, Firmungen spendet und Vorträge hält.